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Demokratische Willensbildung im Zeitalter der Klickraten: Begrüssung und Einleitung von Dr. Hans Werder

Ein Mann (Dr. Hans Werder) steht hinter einem Rednerpult.
«Was bedeutet der rasante Strukturwandel der Medienwelt für die direkte Demokratie?» fragte Dr. Hans Werder. Bild: © FUG/Stefan Wermuth

(Es gilt das gesprochene Wort.)

Ich begrüsse Sie ganz herzlich zu unserem Forumsgespräch «Demokratische Willensbildung im Zeitalter der Klick-Raten». Wir greifen damit ein Thema auf, das hoch aktuell ist und in den nächsten Jahren noch wichtiger werden wird: Nämlich die Frage, welche Auswirkungen der rasante Strukturwandel im Medienwesen auf unsere Demokratie hat.

Die Medien sind eine zentrale Voraussetzung für eine funktionierende Demokratie. Dies gilt besonders für eine direkte Demokratie wie die Schweiz, welche auf gut informierte Bürgerinnen und Bürger angewiesen ist. Bis vor kurzem waren es die klassischen Medien Zeitungen, Radio und Fernsehen, die für die Information der Bevölkerung sorgten. Sie wählten aus der wachsenden Flut von Informationen, Verlautbarungen, Gerüchten und Fake News die relevanten Themen aus, ordneten diese ein und kommentierten sie. Man nennt diese Aufgabe auch «Gatekeeper-Funktion». Diese Funktion obliegt sowohl der öffentlich-rechtlichen SRG wie privaten Zeitungen, Radios und TV-Sendern. Solange diese Vielfalt besteht, ist der Meinungspluralismus gewährleistet. Bis vor kurzem hat dieses Mediensystem im Interesse der Demokratie sehr gut funktioniert.

Mit dem Aufkommen der sog. «sozialen Medien» hat ein rasanter Strukturwandel der Medienwelt eingesetzt. Diese digitalen Plattformen wie Google, Facebook, YouTube, Instagram, TikTok usw. vermitteln wie die klassischen Medien ebenfalls Informationen und Meinungen – allerdings gratis. Damit zerstören sie zunehmend das traditionelle Geschäftsmodell der Zeitungen. Gleichzeitig ziehen sie immer mehr Werbegelder von den Zeitungen ab. Es wird deshalb die Befürchtung laut, der Untergang der klassischen Zeitungen sei nur noch eine Frage der Zeit.

Die digitalen Plattformen sind auch eine Herausforderung für die SRG, da sich das Hör- und Sehverhalten in Radio und Fernsehen grundlegend verändert. Die Finanzierung der SRG ist zwar bis auf weiteres gesichert, obwohl bereits eine Initiative zur Halbierung der Gebühren angekündigt ist. Doch unabhängig davon ist unbestritten, dass sich das Angebot der SRG an die neuen Realitäten anpassen muss, wenn die öffentlich-rechtlichen Sender ihre publizistische Stellung in Zukunft behalten wollen.

Damit steht die Frage im Raum, was der rasante Strukturwandel der Medienwelt für die demokratische Willensbildung bedeutet. Neben den wirtschaftlichen Folgen, vor allem für die privaten Medien, wird ein anderer Aspekt immer wichtiger: Die sozialen Medien üben ihre «Gatekeeper-Funktion» nicht nach der Relevanz einer Information aus, sondern nach der grösstmöglichen Aufmerksamkeit – konkret nach der Anzahl Klickraten. Diese Logik der Maximierung der Klickraten wird zunehmend auch von Zeitungen, Radio und Fernsehen übernommen. Was bedeutet es aber für die demokratische Willensbildung, wenn Algorithmen an die Stelle von publizistischen Grundsätzen treten, wenn die Anzahl Klickraten das oberste Prinzip bei der Auswahl von Informationen wird? Diesen spannenden Fragen gehen wir an drei Abenden nach:

-Heute Abend sprechen wir über das Geschäftsmodell der Plattformökonomie und seine Auswirkungen auf die Demokratie.

-Am 31. August behandeln wir den Strukturwandel der Medien: Vor welchen Herausforderungenstehen Tageszeitungen, neue Online-Medien und die SRG?

- Am 14. September schliesslich sprechen wir über Lösungsansätze und Reformen: Was ist zu tun, damit wir auch in zwanzig Jahren noch vielfältige und qualitativ hochstehende Medien und eine funktionierende Demokratie haben?

Und damit übergebe ich das Wort Elisabeth Zäch, welche den heutigen Abend moderiert.

Zum Autor

Dr. Hans Werder ist Forumsmitglied und Projektleiter der Verantaltungsreihe «Demokratische Willensbildung im Zeitalter der Klick-Raten»