Forum für Universität und Gesellschaft

Aktuell

Zum Gedenken an den Gründungspräsidenten des Forums für Universität und Gesellschaft,
Prof. em. Dr. med. Ewald R. Weibel

Von Dr. Martina Dubach, im Namen des Forums für Universität und Gesellschaft

Am 19. Februar ist Prof. em. Dr. Ewald R. Weibel in seinem 90. Lebensjahr verstorben. Er war nicht nur ein herausragender Wissenschafter, ein leidenschaftlicher Lehrer und Mentor, er war als Spiritus Rector der Akademischen Kommission auch darauf bedacht, die Wissenschaft mit der Gesellschaft, der Politik und der Wirtschaft zusammen zu führen. Er rief damit eine einzigartige Institution für die Universität Bern ins Leben, die den Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis pflegt. Ein vergleichbares Forum für die ganze Breite aktueller Gesellschaftsthemen gibt es an keiner anderen Hochschule der Schweiz.

Als die Universität Bern 1984 ihr 150-Jahr-Jubiläum feierte – Ewald Weibel war damals
Rektor – erhielt sie vom Regierungsrat den Auftrag, die Bedeutung der Universität für die Zukunft zu unterstreichen. Die fortschreitende Spezialisierung der Forschenden hatte eine Zusammenarbeit über die Fachgrenzen hinweg schwierig gemacht. Gleichzeitig verlangten aber komplexe Gesellschaftsprobleme ein interdisziplinäres Zusammendenken innerhalb der Universität und deren Dialog mit den Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern aus Politik und Wirtschaft. Als Antwort auf diese Herausforderungen sollte ein Ort geschaffen werden, an dem sich Universität und Gesellschaft gemeinsam an die Analyse brennender Gesellschaftsprobleme machen konnte. Für diese Aufgabe wurde 1987 auf Initiative von Ewald Weibel in der Folge die damalige Akademische Kommission im «Haus der Universität» – die Vorläuferin des heutigen Forums für Universität und Gesellschaft – als Brücke für den Dialog zwischen Universität und Gesellschaft etabliert.

Zehn Jahre lang, von 1987 bis 1996, leitete Ewald Weibel als Präsident die Akademische Kommission mit Weitblick und feinem Gespür für den damals noch ungewohnten Dialog zwischen Forschenden und Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Er sah diese Kommission als Groupe de réflexion, die im kleinen interdisziplinären Kreis, «im kleinen Kämmerlein» wie Ewald Weibel es nannte, komplexe Gesellschaftsfragen eingehend diskutierte, um sie dann in einem sorgfältig konzipierten Symposium einem grösseren Publikum vorzustellen und zu debattieren. 

Sowohl bei der Zusammensetzung der Akademischen Kommission als auch bei der Suche nach Referierenden war sein ausgedehntes Netzwerk in Wissenschaft und Gesellschaft von unschätzbarem Wert. Er knüpfte mit grossem Engagement die relevanten Kontakte zur Wirtschaft und zur Politik, baute sie aus und band so die «Gesellschaft» in die Universität mit ein. Bereits im Juni 1987 – vier Monate nachdem die Kommission ihre Arbeit aufgenommen hatte – konnte ein erstes Symposium zur «Allgemeinen Ökologie» durchgeführt werden. Es befasste sich schon damals mit Fragen zur Nachhaltigkeit und Effizienz im Umgang mit natürlichen Ressourcen. Wie ein roter Faden zog sich diese Thematik durch die Projekte der Akademischen Kommission und des späteren Forums für Universität und Gesellschaft. «Das 1950-er Syndrom», «Klimawandel und Ernährungssicherheit» oder «Nachhaltigkeit und Wirtschaftswachstum» sind Beispiele dafür, die auch bei einem breiten Publikum grosse Beachtung fanden und noch immer finden.

Wie wichtig und bis heute aktuell Ewald Weibels Idee zu einer universitären Plattform für komplexe Gegenwartsfragen war, zeigen auch weitere Projekte während seines Präsidiums. Dazu zählen beispielsweise «Migrationen aus der Dritten Welt», «Drogenpolitik wohin?» oder zur Europafrage: «Schweizer Eigenart – eigenartige Schweiz». Er selber sah die Schaffung der Akademische Kommission als «das nachhaltigste Ergebnis des 150-Jahr-Jubiläums der Universität Bern im Jahr 1984».

Auch nach seiner 10-jährigen Präsidialzeit blieb Ewald Weibel dem Forum als aktives Mitglied in den Arbeitsgruppen späterer Projekte – insbesondere zum Thema Europa und zu den «Grenzen der modernen Medizin» – tief verbunden. In den letzten Jahren, er wurde zum Ehrenmitglied des Forums ernannt, erinnerte er auch immer wieder als unermüdlicher Verfechter seiner Grundidee die Aufgaben und Ziele des Hauses der Universität und dessen Akademischer Kommission. 2002 wurde die Akademische Kommission dann ins «Forum für Universität und Gesellschaft» umbenannt. Die Idee aber lebt weiter und die Teilnehmerzahlen an den Veranstaltungen sprechen für die Bedeutsamkeit von Ewald Weibels Vision, die Universität zur Gesellschaft hin zu öffnen.

Zur Verfasserin

Dr. Martina Dubach war von 1987 bis 2017 Geschäftsleiterin der Akademischen Kommission und des Forums für Universität und Gesellschaft