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«Wir müssen über Werte sprechen», forderte CVP-Nationalrätin Ida Glanzmann-Hunkeler. Bild: © Forum Universität und Gesellschaft / Stefan Wermuth

«C» in der Politik - spricht dies für eine Allianz von Kirchen und Staat?

Was braucht es, um leere Kirchenbänke zu füllen? Keine Allianzen, war CVP-Nationalrätin Ida Glanzmann-Hunkeler überzeugt. Sie forderte in ihrem Referat dazu auf, Werte zu pflegen, verkrustete Strukturen aufzubrechen und fundierte Diskussionen über Religionsgrenzen hinweg zu führen. Dann würden Kirchen wieder attraktive Glaubens- und Diskussionsräume.

Von Marcus Moser

Ida Glanzmann-Hunkeler zögerte mit der Antwort auf die titelgebende Frage keinen Augenblick: «Nein. Weder die Kirche, noch der Staat, noch die CVP: Wir gehen keine Allianzen untereinander ein.» In der Schweiz und weiten Teilen Europas hätten wir mit dem bisherigen Miteinander auf der Basis einer christlich-abendländischen Kultur gute Erfahrungen gemacht. Die Schweiz gründe auf dem Christentum. Bereits in der Präambel der Verfassung stehe «Im Namen Gottes des Allmächtigen!». Sie wisse, dass einige Parteien das dort nicht mehr so stehen haben möchten, meinte die CVP-Nationalrätin. Aber: «Die Verfassung wurde vom Volk unterstützt.» Weiter stünde auch klar in Artikel 15 der Bundesverfassung, dass wir keine Staatsreligion wollten. 

Geregeltes Verhältnis zwischen Kirche und Staat

In der Schweiz würde das Verhältnis zwischen Kirche und Staat geregelt. Hierfür seien die Kantone zuständig, zitierte die Referentin Artikel 72 der Bundesverfassung. «Ich bin manchmal froh, dass wir den Kantonen die Regelung dieser Fragen zuordnen können.» Die Problemlasten und deren Wahrnehmung seien je nach Kanton sehr unterschiedlich, sagte Glanzmann-Hunkeler und verwies beispielsweise auf die Diskussion um Kopftuchverbote und Schulen. «Die Kantone können eben unterschiedliche Regelungen entsprechend ihrer Bevölkerung zulassen.» 

«Um leere Kirchenbänke zu füllen, brauchen wir deshalb keine neue Allianz», unterstrich die Nationalrätin. «Aber auch um der Partei mit dem «C» im Namen zu neuen Höhenflügen zu verhelfen, brauchen wir keine staatlichen Krücken.» Denn: Das «C» sei eine Wertehaltung, das «C» sei eine Verpflichtung – nicht nur für die CVP – für eine Politik, die sich an den Botschaften und an den Werten des Christentums messe. Aus ihrer Sicht sei die Eingangsfrage darum falsch gestellt, betonte Ida Glanzmann-Hunkeler. Sie müsste richtig heissen: «C» in der Politik: braucht es eine Wiederbelebung der klassischen Werte?» 

«Wir müssen über Werte sprechen»

Für Ida Glanzmann-Hunkeler war deshalb klar: «Bevor wir also über Allianzen sprechen, müssen wir über Werte sprechen.» Das seien Werte wie «Solidarität und Loyalität, Mut und Eigenverantwortung, Offenheit und Toleranz, Respekt und Verantwortung, Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit». Das Zusammenspiel von Kirche, Staat und Gesellschaft funktioniere gut, wenn sich alle als Individuen an diesen Werten ausrichteten. 

Daraus folgen für die Nationalrätin die Verantwortlichkeiten der Institutionen: Der Staat müsse Sicherheit und Chancengleichheit ermöglichen; die Wirtschaft müsse den Menschen Perspektiven und damit Zuversicht bieten; die Kirche schliesslich strahle dann Licht und Wärme aus, wenn sie Aufklärung und Wegweisung gäbe. Aber nicht mit dem Drohfinger, sondern so, dass die Menschen das in ihren Leben auch umsetzen könnten. 

So gerüstet könnten Kirche und Staat ohne neue Allianzen gemeinsam religiöse Konflikte überbrücken, wirtschaftliche Ungerechtigkeiten ausmerzen und politisches Machtgehabe eindämmen. So könnten wir hier eine wert-volle Gesellschaft schaffen – «voller Respekt, Toleranz und Solidarität.» Und so können wir hier auch Schattengesellschaften vermeiden: «Hier reich, dort arm. Hier Schweizer, dort Ausländer.» Die Schweiz geht alle an, betonte die CVP-Nationalrätin. Deshalb müssten auch alle ihren Teil zur Erhaltung der Werte dieses Landes und dieser Gesellschaft beitragen. 

Kirchen als Glaubens- und Diskussionsräume

Da sei Engagement gefragt; Werte müssen eben gelebt und nicht nur in Sonntags-Predigten gelobt werden. Deshalb könnte Politik auch nicht nur aus dem Sessel heraus betrieben oder als freitägliche TV-Unterhaltung konsumiert werden. 

Mit Fakten und einer handfesten Sachpolitik müssten Kirche und Staat den Gläubigen und den Bürgerinnen und Bürgern eine politische Heimat geben, forderte Glanzmann-Hunkeler. Leider scheine es derzeit aber politisch erfolgversprechender zu sein, Ängste und Frustrationen zu bewirtschaften, bedauerte die CVP-Nationalrätin. 

Es brauche einen Konsens unter den Parteien, Brücken zum Volk und Kompromisse in der Sache, zeigte sich Nationalrätin Glanzmann-Hunkeler überzeugt. Wenn also von Allianzen die Rede sein soll, dann bräuchte es Allianzen zwischen Gesellschaft, Wirtschaft, Staat und Kirche – als soziales Gewissen, betonte sie. Es gelte, Werte zu pflegen, verkrustete Strukturen aufzubrechen und fundierte Diskussionen über Religionsgrenzen hinweg zu führen, mahnte Glanzmann. Dann würden Kirchen wieder attraktive Glaubens- und Diskussionsräume. Dann schafften wir die Schweiz als weltoffenen Staat, «sozial und fair». «Und dann leben wir das «C» und handeln als Partei danach», schloss Ida Glanzmann-Hunkeler.

Veranstaltungsreihe Winter 2018/19

Kirchen zwischen Macht und Ohnmacht

«Kirchen und Staat: Heilige oder unheilige Allianz?» war die zweite Veranstaltung der fünfteiligen Reihe «Kirchen zwischen Macht und Ohnmacht». Die Reihe nähert sich der spezifischen Situation der christlichen Landeskirchen in der Schweiz.

Informationen, Veranstaltungsmaterialien und Anmeldemöglichkeiten zur den einzelnen Veranstaltungen finden Sie hier